Österreich: WEG Novelle 2022 – Verbindliche Mindestrücklage für Wohnungseigentumsobjekte

Für 2022 ist eine Novelle zum Wohnungseigentumsgesetz geplant, welche vor dem Hintergrund international vorgegebener Klimaziele erfolgt. Der Ministerialentwurf zur geplanten Gesetzesänderung liegt vor, die Begutachtungsfrist hat mit 13.08.2021 geendet. Das Inkrafttreten der Gesetzesänderung ist mit 01.01.2022 geplant.


Inhaltsübersicht 


Welche Neuerungen und Vorteile bringt die WEG Novelle 2022?

Die neuen Regelungen erleichtern vor allem die Durchsetzbarkeit von Erhaltungsmaßnahmen sowie die Schaffung von E-Ladestationen und Photovoltaik-Anlagen. Auch die Einführung einer Mindestrücklage soll grundsätzlich eine einfachere Umsetzung von Erhaltungs- und Sanierungsarbeiten zur leichteren Erreichbarkeit der internationalen Klimaziele ermöglichen. So schön, so gut.

Die Verpflichtung im Wohnungseigentumsgesetz zur Einhebung einer Rücklage für Instandsetzungs- und Verbesserungsmaßnahmen ist grundsätzlich nicht neu und war von den Hausverwaltungen schon bisher im Rahmen der ordentlichen Verwaltung eine angemessene Rücklage zu bilden. Ein Mehrheitsbeschluss war und ist dafür nicht erforderlich.

Wie hoch ist die künftige Mindestdotierung der Rücklage für Wohnungseigentumsobjekte?

Mit der WEG-Novelle 2022 soll nunmehr die Einführung einer verbindlichen Mindestrücklage zur Vorsorge für künftige Instandsetzungen und Verbesserungen an den Allgemeinflächen kommen. Es ist vorgesehen, dass die Höhe der Rücklage künftig nicht mehr vom Hausverwalter im Rahmen der ordentlichen Verwaltung festgesetzt wird, sondern sich die Höhe am Kat. D Mietzins (vgl. § 15a Abs. 3 Z 4 MRG) orientiert. Derzeit EUR 0,90 pro m2 Nutzfläche der Wohnungseigentumsobjekte; Steigerungen sind zu erwarten. Die Aufteilung auf die einzelnen Wohnungseigentümer erfolgt nach grundbücherlichen Nutzwerten. Unterschreitungen soll es künftig nur mehr für die Neuerrichtung und durchgreifende Sanierungen geben.

Kommt der Hausverwalter dieser gesetzlichen Verpflichtung zur Bildung einer Mindestrücklage künftig mit einer Mindestdotierung nicht nach, hat grundsätzlich jeder Wohnungseigentümer wie schon bisher das Recht, diese Verpflichtung gerichtlich durchsetzen zu lassen.  

Was sollten Wohnungseigentümer, Mieter und Vermieter bedenken?

Auch wenn es sich an sich um eine sinnvolle Maßnahme zur Erhaltung des Gebäudes mit den Allgemeinflächen – nicht jedoch der Wohnungen an sich, diese obliegen der Erhaltungspflicht des Wohnungseigentümers – handelt und damit eine leichtere Umsetzung von Instandsetzungen und (ökologisch sinnvollen) Verbesserungen zur Erreichung der Klimaziele grundsätzlich ermöglicht wird, so wird das Wohnen in einer Wohnungseigentumsanlage mit der Novelle dennoch teurer werden, da bis jetzt von den Hausverwaltungen meistens geringere Rücklagebeträge eingehoben werden. Die eine oder andere Hausverwaltung in Österreich wird mit der Novelle 2022 jedenfalls nachrüsten und Rücklagebeträge auf die Mindestdotierung anheben müssen, dies unabhängig davon ob größere Instandsetzungsarbeiten und Verbesserungen schon geplant sind.

Betroffen sind durch diese Mindestrücklage daher Wohnungseigentümer, aber auch Mieter und Vermieter sein. Letztere, wenn die Bezahlung der Rücklagebeträge nicht wirksam vertraglich überwälzt werden kann. Das betrifft den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) und des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG), wo der Vermieter die Rücklagebeträge aus eigener Tasche zu tragen hat. Anders ist dies im Teilanwendungsbereich des MRG und unter Verbrauchern, da es im Teilanwendungsbereich des MRG keinen taxativen gesetzlichen Betriebskostenkatalog gibt und grundsätzlich eine freie Mietzinsbildung herrscht.

Welche Auswirkung hat die Mindestrücklage auf den Verkauf von Eigentumsobjekten?

Zu beachten ist und bleibt ferner, dass es sich bei den Rücklagebeträgen um ein Sondervermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft handelt und dieses Sondervermögen bei Verkauf nicht anteilig mitausgezahlt wird, sondern in der Hand der Wohnungseigentümergemeinschaft bleibt. So wird monatlich mit der WEG-Novelle 2022 künftig zwar mehr angespart, bei Verkauf der Eigentumswohnung können die Ansparungen aber nicht anteilig ausgezahlt werden. Hohe bzw. höhere Rücklagenstände bleiben aber dennoch wertsteigernd und es ist daher ratsam, den Rücklagenstand im Zuge des Immobilienerwerbs bei den Hausverwaltungen – neben den geplanten Instandsetzungsarbeiten – zu erfragen, damit man im Nachhinein keine bösen Überraschungen erlebt.

Die Renditen für Vermieter können je nach Vereinbarung im Mietvertrag und Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes (Voll- oder Teilanwendung) mit dieser Mindestrücklage im Einzelfall sinken. Dies gilt es vor allem für Anleger zu beachten.



Autor: Heidi Lallitsch