Chinas neues Sozialversicherungsgesetz

Am 1. Juli 2011 trat in der Volksrepublik China das neue Sozialversicherungsgesetz in Kraft. Dieses regelt erstmals auf nationaler Ebene alle fünf Säulen der Sozialversicherung ab und soll damit der Bevölkerung einen flächendeckenden Rechtsanspruch auf Grundsicherung garantieren. Die neue Sozialversicherung umfasst die Renten-, Kranken-, Arbeitsunfalls-, Mutterschafts-, und Erwerbslosenversicherung. Zusätzlich zu den fünf Versicherungsarten gibt es noch den obligatorischen Eigenheimfond. Er ist nicht in dem neuen Sozialversicherungsgesetz geregelt, jedoch müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen auch hier Beiträge leisten. Die praktische Ausgestaltung des Gesetzes liegt weitgehend im Ermessen der lokalen Regierungen, d.h., dass jede Stadt bzw. Gemeinde die Sätze für die einzelnen Versicherungsarten eigenständig festlegen muss. Deshalb wird die Abgabenbelastung je nach Region unterschiedlich sein. Vor allem in größeren Städten wie Shanghai oder Beijing werden die Lohnnebenkosten erheblich höher ausfallen wie in den ländlichen Gebieten.

Das neue Gesetz bringt auch stärkere Kontrollen und strengere Strafen mit sich. Bislang ermöglichte die fehlende und unzureichende Gesetzgebung den Betrieben sich nicht an der Solidargemeinschaft zu beteiligen. Um diesen Missstand zu korrigieren werden Zuschläge und Strafgebühren verhängt, falls der Beitrag nicht rechtzeitig oder in voller Höhe bezahlt wird. In schwerwiegenden Fällen ist auch eine strafrechtliche Verfolgung ist möglich.

Eine absolute Neuerung ist, dass auch ausländische Arbeitnehmer von dem Gesetz erfasst werden. Bisher waren ausländische Arbeitnehmer in China faktisch von der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen befreit. Gemäß Artikel 97 des Sozialversicherungsgesetzes sind ab dem 01. Juli 2011 auch ausländische Arbeitsnehmer in das chinesische Versicherungssystem einbezogen, falls keine vorrangigen zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen zur Anwendung kommen. Ein solches Abkommen hat China bisher nur mit Deutschland und Südkorea abgeschlossen. Jedoch sind weitere Sozialversicherungsabkommen geplant um zukünftig Doppelversicherungen zu vermeiden.

Nach dem Abkommen gilt für deutsche Entsendete das deutsche Sozialversicherungsrecht, sofern ihre Beschäftigung innerhalb Chinas maximal 48 Kalendermonate dauert. Nach Ablauf der maximalen Zeit besteht die Möglichkeit einer Verlängerung durch eine Ausnahmevereinbarung. Für den Abschluss einer Ausnahmevereinbarung ist auf deutscher Seite der GKV- Spitzenverband, DVKA und auf chinesischer Seite das Ministry of Human Resources and Social Security zuständig. Liegen die Voraussetzung der Entsendung vor haben die deutschen Arbeitnehmer, die in China beschäftigt sind, die Möglichkeit einen Antrag zu stellen. Dieser Antrag dient in China als Nachweis dafür, dass für sie die deutschen Rechtsvorschriften gelten. Für die Ausstellung des Antrags ist entweder eine gesetzliche Krankenkasse zuständig, an die die Rentenbeiträge gezahlt werden oder der Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin. Dies gilt nur für die Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Kranken-, Pflege-, und Unfallversicherung sind vom Geltungsbereich des Abkommens ausgenommen. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass für die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau das Abkommen nicht gilt.

Chinas neues Sozialversicherungsgesetz wird erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf Unternehmen haben, die mit höheren Lohnnebenkosten nicht nur für chinesische Arbeitnehmer, sondern auch für ausländische Beschäftigte rechnen müssen.

Ausländischen Investoren ist daher anzuraten, diese zusätzlichen Belastungen bereits vor einem Markteintritt planmäßig zu berücksichtigen und die Standortwahl auch nach der Lohnnebenkostenbelastung auszurichten. In den Metropolen Shanghai und Beijing lagen die Lohnnebenkosten im Jahr 2010 bei ca. 44 % des Bruttogehalts, dagegen in der südlichen Stadt Zhongshan unter der 20 %.

Auch Mitarbeiter, die zukünftig nach China entsandt werden, sollten sich im Voraus über die Möglichkeiten der Befreiung Sozialabgabepflicht informieren.