Deutschland: BAG – Der Betrieb einer Facebook-Seite unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrates, wenn dort für Nutzer die Möglichkeit besteht, sogenannte Postings einzustellen

Sachverhalt und rechtlicher Hintergrund
Im vorliegenden Fall betrieb ein Arbeitgeber eine Facebook-Seite und ermöglichte es anderen Nutzern, dort öffentliche Postings zu hinterlassen. Einige Nutzer machten von dieser Möglichkeit Gebrauch und beschwerten sich auf diesem Weg über ihrer Meinung nach unqualifizierte Arbeitnehmer. Anhand der Ort- und Zeitangabe in diesem Posting konnte der betroffene Arbeitnehmer erkennen, dass er gemeint war. Er sah sich überwacht und beschwerte sich beim Betriebsrat. Dieser verlangte vom Arbeitgeber die Abschaltung der Seite, jedenfalls aber die Deaktivierung der Posting-Funktion und berief sich auf § 87 Abs. 1 Nr. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Danach hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen geht, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Die Norm dient dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers.

Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 23.12.2016 – 1 abr 7/15
Das BAG hat sich in wesentlichen Teilen dem Betriebsrat angeschlossen. Bei Facebook handele es sich um eine technische Einrichtung, welche geeignet sei, Verhaltens- oder Leistungsinformationen der Arbeitnehmer zu erheben und zu überwachen. Auf einen entsprechenden Willen des Arbeitgebers komme es hier nicht an. Auch der Umstand, dass die Daten erst von Dritten, also anderen Facebook-Nutzern, eingespeist werden müssen, sei nicht von Relevanz. Entscheidend sei insoweit, dass die Daten letztendlich elektronisch erfasst und damit zur Auswertung zur Verfügung stünden. Maßgeblich war für das BAG, dass jeder beliebige Nutzer von Facebook die Möglichkeit hatte, eigene Beiträge auf der Seite des Arbeitgebers einzustellen – und diese sofort für die Öffentlichkeit sichtbar waren. Dies führe zu einem Überwachungsdruck der Arbeitnehmer. Diese müssten nämlich jederzeit damit rechnen, dass Beiträge zu ihrer Leistung oder ihrem Verhalten von Dritten gepostet werden – und diese Beiträge nicht nur ihrem Arbeitgeber, sondern jedem Besucher dieser Facebook-Seite und damit einer unbestimmten Vielzahl von Personen, offenbart werden. Der so geschaffene Überwachungsdruck gefährde das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer, so dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht habe. Solange dessen Zustimmung nicht vorliege, bestehe der begehrte Unterlassungsanspruch.

Folgen für die Praxis
Das BAG hat hier (unausgesprochen) den Pranger-Effekt bemüht. Arbeitgeber müssen daher die Zustimmung des Betriebsrates einholen. Gelingt dies nicht, bleibt nur eine Zensur der Postings, so dass eine Überwachung effektiv verhindert wird. Dies dürfte allerdings medial wenig goutiert werden. Ansonsten bleibt nur die Deaktivierung dieser Funktion. Arbeitgeber sollten allerdings in jedem Fall darauf bedacht sein, einen Rechtsstreit mit dem Betriebsrat zu vermeiden. Nicht zuletzt deswegen, weil dessen gesamte Kosten letzten Endes allein durch den Arbeitgeber zu tragen sind. Die Kunst dürfte darin liegen, auszuloten, wo die Grenzen der Mitbestimmung liegen bzw. eine Regelung zu finden, welcher der Betriebsrat zustimmt.

Autoren: Rüdiger Erfurt & Daniel Jutzi