Justitia 4.0 – das Für und Wider digitaler Gerichtsprozesse und Notariatsakte in China

Gemäß den Online-Gerichtsverfahrensregeln der chinesischen Volksgerichte können im Rahmen eines Pilot-Projektes digitale Gerichtsprozesse an speziell eingerichteten "Pilot-Gerichten" in den folgenden Fällen durchgeführt werden:

  • Zivil- und verwaltungsrechtliche Streitsachen;
  • Strafsachen in beschleunigten Verfahren, Umwandlungs- und Bewährungssachen sowie Strafsachen, die sich aus anderen besonderen Gründen nicht für eine Offline-Verhandlung eignen;
  • besondere Zivilverfahren, Überwachungs- und Konkursverfahren sowie nicht gerichtliche Vollstreckungsfälle;
  • Zivil- und Verwaltungsvollstreckungsfälle und Vollstreckungsfälle von strafrechtlichen Nebenklagen.

Digitale Notariatsakte werden aktuell in einem Pilot-Projekt getestet. Die entsprechenden Notare sind berechtigt, ausgewählte digitale Notariatsakte vorzunehmen (z.B. Beglaubigung und Sicherung von Beweismaterial).

In den vorgenannten Fällen kann sich der Kläger auf der Plattform für Online-Streitigkeiten des zuständigen Pilot-Gerichts anmelden und elektronische Unterlagen hochladen. Die Durchführung des digitalen Verfahrens bedarf der Zustimung des Beklagten. Alle Parteien, die an einem Online-Prozess teilnehmen, können Prozessdokumente oder Beweismaterialien direkt in die Prozessplattform eingeben.

Die Online-Verhandlungsphase findet dann per Video-Meeting auf der Plattform statt. Wenn Zeugen und Sachverständige online erscheinen müssen, werden hierfür (unterhalb des digitalen Hauptmeetingraums) gesonderte digitale Aussageräume eingerichtet, damit die Zeugen und Sachverständigen nicht an den übrigen Verhandlungsabschnitten teilnehmen. Am Ende des Verfahrens können die Pilot-Gerichte die Urteile bzw. Beschlüsse auf elektronischem Wege ausfertigen und zuzustellen.



Autor: Marcel Brinkmann