Neues aus der Streitschlichtung aus China

CIETAC entzieht den Shanghai und Shenzhen Unterkommissionen ihre Befugnisse

1. Sachverhalt

Die China International Economic and Trade Arbitration Commission ("CIETAC") wurde in 1956 als erste Schiedskommission in der Volksrepublik China gegründet. CIETAC hat ihren Sitz in Peking und Unterkommissionen in verschiedenen Städten wie Shanghai und Shenzhen. Der Hauptanteil der Schiedsverfahren in 2011 wurde von den Shanghai und Shenzhen Unterkommissionen geführt.

CIETAC ergänzte in diesem Jahr die Schiedsregeln, die zum 1. Mai 2012 in Kraft traten ("Regeln 2012"). Die Veröffentlichung der Regeln 2012 verursachte einen Streit zwischen CIETAC in Peking und ihren Unterkommissionen in Shanghai und Shenzhen. Die Regeln 2012 schreiben vor, dass alle bei CIETAC eingereichten Fälle von Peking geführt werden sollen, außer die Parteien haben ausdrücklich die Verfahrensführung durch eine Unterkommission vereinbart. Diese Vorschrift weicht von der früheren Praxis ab, wonach beispielsweise die Shanghai Unterkommission ein Verfahren leiten würde, wenn eine Schiedsvereinbarung auf CIETAC mit Sitz in Shanghai hinweist. Die Regeln 2012 weisen in solch einem Fall nunmehr die Verfahrensführung CIETAC in Peking zu, auch wenn die Sitzungen in Shanghai stattfinden. Die Shanghai Unterkommission wäre in diesem Fall nicht involviert.

Die Unterkommissionen in Shanghai und Shenzhen reagierten mit Ablehnung gegenüber den Regeln 2012. CIETAC in Peking gab am 1. August 2012 eine Stellungnahme ab, die besagt, dass die Unterkommissionen in Shanghai und Shenzhen die Anwendung der Regeln 2012 und ihren Verbleib unter der Leitung von Peking verweigern würden. CIETAC hat daraufhin die Bevollmächtigung der Unterkommissionen in Shanghai und Shenzhen zur Leitung von CIETAC Fällen ausgesetzt. Parteien sollen nunmehr ihre Schiedsanträge bei CIETAC in Peking einreichen und das CIETAC Sekretariat wird über die Annahme entscheiden und die Fälle verwalten.

2. Auswirkung auf die Investoren in China

Der Streit zwischen CIETAC in Peking und ihren Unterkommissionen in Shanghai und Shenzhen sorgt für Verwirrung. Es sind Unsicherheiten für die Parteien, die sich auf CIETAC als Schiedskommission geeinigt haben, entstanden:

Parteien, die sich auf eine Verfahrensleitung durch eine Unterkommission in Shanghai oder Shenzhen geeinigt haben, müssen sich der Gefahr bewusst sein, dass die durch die Unterkommission nach der Verkündung der Stellungnahme von CIETAC erlassene Schiedsurteile angefochten werden könnten. Die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsurteils könnte aufgrund fehlender Zuständigkeit der Unterkommission verweigert werden.

Es besteht allerdings auch ein Risiko, den Antrag bei CIETAC in Peking einzureichen, obwohl die Schiedsklausel ausdrücklich die Verfahrensleitung durch eine Unterkommission vorsieht. Die unterlegene Partei könnte das Schiedsurteil bei Gericht anfechten und die Zuständigkeit von CIETAC in Peking rügen oder argumentieren, dass das Urteil ungültig ist, da die Parteien sich ausdrücklich auf ein Verfahren bei einer Unterkommission geeinigt haben.

Es gibt keine Anhaltspunkte darüber, wann und wie der Streit zwischen CIETAC in Peking und ihren Unterkommissionen in Shanghai und Shenzhen gelöst werden soll. Höchstwahrscheinlich werden die Höheren Volksgerichte sich dieser Sache annehmen. Bis die Unsicherheiten gelöst sind, empfehlen wir Folgendes:

  • Bei der Verhandlung über eine Schiedsvereinbarung sollten die Parteien sich ausdrücklich auf die Verfahrensleitung durch CIETAC in Peking einigen. Als Sitz des Schiedsverfahren kann weiterhin Shanghai oder Shenzhen gewählt werden.
  • Bei bestehenden Schiedsvereinbarungen, die ein Verfahren bei einer Unterkommission in Shanghai oder Shenzhen vorsehen, sollten die Parteien die Schiedsklausel dahingehend abändern, dass CIETAC in Peking das Verfahren leiten soll mit Sitz in Shanghai oder Shenzhen.
  • Können bestehende Schiedsklausel, die ein Verfahren bei einer Unterkommission in Shanghai oder Shenzhen regeln, nicht angepasst werden oder sind bereits Fälle bei einer Unterkommission anhängig, sollten die Parteien vor einer Antragsstellung auf Schiedsverfahren oder vor Weiterführung des Verfahrens unbedingt Experten in Streitschlichtung konsultieren.

Ansprechpartner

Rechtsanwalt Raymond Kok, Mag. rer. publ.
Rechtsanwältin Pyn-An Sun, LL.M. (LSE)