Österreich: Der Web-Shop als rechtliches Dickicht

Web-Shops: Zentrum des Handels im www
Wenn man den jüngsten Entwicklungen und den daraus resultierenden Prognosen Glauben schenken darf, befindet sich der Handel erst am Beginn eines revolutionären Umbruchs. Wer meint, dass das Internet bereits heute eine dominierende Rolle im Güteraustausch spielt, könnte von der zu erwartenden Verlagerung des Handelsverkehrs in den virtuellen Bereich durchaus überrascht werden. Neue Shop-Konzepte, innovativere Einkaufserlebnisse und optimierte Vertriebswege werden sich wohl auch in unseren Breiten rasch durchsetzen. Der Einkauf des Konsumenten von morgen wird sich überwiegend in 1A-Geschäften und im „weltweiten Netz“ abspielen. Die Qualität wird da und dort die Spreu vom Weizen trennen. Der Mittelmäßigkeit wird keine Chance mehr gegeben.

Spricht man vom „E-Commerce“, sind damit praktisch die Vielzahl von „Web-Shops“ gemeint, also jene Websites, auf denen der kaufwillige Verbraucher seinen Konsumdurst stillen kann.

Neben der optimalen verkaufspsychologischen Gestaltung solcher virtueller Einkaufswelten kommt auch der Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen eine wesentliche Rolle zu. Immerhin hat der Gesetzgeber die Anforderungen an Web-Shops vor dem Hintergrund europarechtlicher Vorgaben massiv verschärft. Die neuen Regeln zum Schutz der Verbraucher gehen aber über das Internet hinaus.

Rechtliche Rahmenbedingungen: Neues EU-Verbraucherrecht
Auf der Grundlage einer einschlägigen EU-Richtlinie wurde das österreichische Konsumentenschutzgesetz (KSchG) bereits Mitte 2000 um Sonderbestimmungen im Zusammenhang mit Vertragsabschlüssen im „Fernabsatz“ ergänzt.

Ende 2011 wurde auf EU-Ebene die „Verbraucherrechte-Richtlinie“ verabschiedet. Darin wird eine europaweite Harmonisierung der Rechtsvorschriften, insbesondere für Geschäfte im „Fernabsatz“ (Stichwort: Web-Shops), festgelegt. Betroffen sind aber auch Verträge, die lediglich außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers abgeschlossen werden (sog. „Außergeschäftsraumverträge“). Zudem werden strenge Informationspflichten des Unternehmers für jegliche Vereinbarung mit Verbrauchern statuiert.

In Österreich fand die EU-Richtlinie mit dem „Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (VRUG)“ ihre Umsetzung. Die neuen Regelungen sind am 13.06.2014 in Kraft getreten und finden auf Verträge Anwendung, die ab 13.06.2014 geschlossen werden.

Geändert wurden das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) und das Konsumentenschutzgesetz (KSchG). Neu eingeführt wurden das „Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz“ (FAGG); damit wurden die bisherigen Regelungen zum Fernabsatz im KSchG ersetzt. Sämtliche Normen sind „europarechtskonform“, also in Übereinstimmung mit der EU-Richtlinie, auszulegen.

Auf den Punkt gebracht betreffen die Änderungen im Wesentlichen folgende Bereiche:

  • Neue Informationspflichten.
  • Verpflichtende Angaben beim Bestell-Button („Button-Lösung“).
  • Neues Widerrufsrecht (14 Kalendertage statt 7 Werktage).
  • Formular (Muster) für die Widerrufsbelehrung.
  • Formular (Muster) für die Erklärung des Widerrufs.
  • Neue Kostentragungsregeln.
  • Neue Regeln für die Gefahrtragung beim Versendungskauf.

Neue allgemeine Informationspflichten für Unternehmer
Den Unternehmer treffen vor allem neue allgemeine Informationspflichten (§ 5a KSchG). Außerdem werden Regelungen betreffend zusätzliche Zahlungen, die neben dem für die Hauptleistung vereinbarten Entgelt (§ 6c KSchG) von einem Verbraucher an einen Unternehmer zu leisten sind, eingeführt.

Eine Vereinbarung, mit der sich ein Verbraucher neben dem für die Hauptleistung vereinbarten Entgelt zu weiteren Zahlungen – etwa als Entgelt für eine Zusatzleistung des Unternehmers – verpflichtet, soll nach dem neuen § 6c KSchG nur unter der Voraussetzung wirksam zustande kommen, dass ihr der Verbraucher ausdrücklich zustimmt. Keine Zustimmung liegt vor, wenn der Verbraucher zur Vermeidung einer Vertragserklärung eine vom Unternehmer bereits vorgenommene Voreinstellung ablehnen müsste, diese Ablehnung aber unterlässt. Fehlt die erforderliche Zustimmung, so hat der Unternehmer die vom Verbraucher geleistete zusätzliche Zahlung zu erstatten. Der Verbraucher kann die Wirksamkeit der Vereinbarung nachträglich herbeiführen, indem er dieser ausdrücklich zustimmt.

Für angebotene Telefonleitungen, die zur Kontaktnahme im Zusammenhang mit geschlossenen Verbraucherverträgen in Anspruch genommen werden, dürfen dem Verbraucher künftig nur die Kosten der eigentlichen Kommunikationsdienstleistung angelastet werden.

Fernabsatz
Das FAGG gilt für Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (sog. „Fern- und Auswärtsgeschäfte“) zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Im Bereich „B2B“ findet das Gesetz daher keine Anwendung. Zudem sind bestimmte Arten von Geschäften (soziale Dienstleistungen, Gesundheitsdienstleistungen, Finanzdienstleistungen, Glücksspielgeschäfte, Verträge über unbewegliche Sachen etc.) sowie Verträge über Leistungen unter EUR 50,00 ausgenommen.

Massive Veränderungen haben sich damit vor allem für den Fernabsatz (Versandhandel, Web-Shops etc.) ergeben. Bevor der Verbraucher an den Vertrag gebunden sein soll, hat ihn der Unternehmer in klarer und verständlicher Weise über eine Vielzahl von Rahmenbedingungen zu informieren. Dazu zählt neben den wesentlichen Eigenschaften der Waren z.B. die Identität des Unternehmers, seine Kontaktdaten, der Gesamtpreis der Produkte und eine detaillierte Aufklärung über bestehende Widerrufsrechte. Zudem muss der Kunde über das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts, über allfällige Kundendienstleistungen und gewerbliche Garantien aufgeklärt werden.

Spezifische Informationen im Fernabsatz
Bei Fernabsatzverträgen sind die vom Unternehmer geschuldeten Informationen dem Verbraucher klar und verständlich in einer dem verwendeten Fernkommunikationsmittel angepassten Art und Weise bereitzustellen. Werden diese Informationen auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt, so müssen sie lesbar sein.

Steht für die Darstellung der Information nur begrenzter Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung, so hat der Unternehmer dem Verbraucher vor dem Vertragsabschluss über das verwendete Fernkommunikationsmittel zumindest ein Mindestmaß an Informationen zukommen zu lassen. Dazu zählen die wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, der Name des Unternehmers, der Gesamtpreis, das Rücktrittsrecht, die Vertragslaufzeit und die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge.

Der Unternehmer hat dem Verbraucher innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Vertragsabschluss, spätestens jedoch mit der Lieferung der Waren oder vor dem Beginn der Dienstleistungserbringung, eine Bestätigung des geschlossenen Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Diese Bestätigung hat alle vom Gesetz verlangten Informationen zu enthalten, sofern diese dem Verbraucher nicht schon vor Vertragsabschluss auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt wurden.

Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sind die vom Unternehmer geschuldeten Informationen dem Verbraucher auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen. Die Informationen müssen lesbar, klar und verständlich sein.

Der Unternehmer hat dem Verbraucher eine Ausfertigung des unterzeichneten Vertragsdokuments oder die Bestätigung des geschlossenen Vertrags auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen.

Button-Lösung im Web-Shop
Wenn ein elektronisch (jedoch nicht ausschließlich im Weg der elektronischen Post oder eines damit vergleichbaren individuellen elektronischen Kommunikationsmittels) geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zu einer Zahlung verpflichtet, hat der Unternehmer den Verbraucher, unmittelbar bevor dieser seine Vertragserklärung abgibt, klar und in hervorgehobener Weise auf bestimmte Informationen hinzuweisen.

Der Unternehmer hat zudem dafür zu sorgen, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder die Betätigung einer ähnlichen Funktion erfordert, muss diese Schaltfläche oder Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer gleichartigen, eindeutigen Formulierung gekennzeichnet sein, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist. Kommt der Unternehmer den Pflichten nach diesem Absatz nicht nach, so ist der Verbraucher an den Vertrag oder seine Vertragserklärung nicht gebunden.

Auf Websites für den elektronischen Geschäftsverkehr ist spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich anzugeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden.

Widerrufsrecht
Zentrale Bedeutung kommt dem neuen äußerst detaillierten Widerrufsrecht zu. Für Verträge im Fernabsatz sowie Geschäfte, die außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen werden, gilt ein generelles Widerrufsrecht des Verbrauchers, für das ihm 14 Tage zur Verfügung stehen. Der Verbraucher braucht seinen Widerruf nicht zu begründen. Wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist, verlängert sich seine Widerrufsfrist sogar auf weitere 12 Monate. Seine Widerrufserklärung kann der Verbraucher in jeder erdenklichen Form abgeben, er kann sich dazu aber auch eines Musterformulars bedienen.

Informationen beim Abschluss des Bestellvorganges
Strengere Anforderungen stellt die Richtlinie auch an die Transparenz bei Bestellungen im Fernabsatz. Sofern der Verbraucher dabei zu einer Zahlung verpflichtet wird, ist er vom Unternehmer klar und in hervorgehobener Weise auf bestimmte Aspekte (wesentliche Merkmale der Waren, Gesamtpreis, Laufzeit, Kündigungsbedingung, automatische Verlängerung, Mindestdauer) aufmerksam zu machen – und das jedenfalls unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung tätigt. Zudem muss der Verbraucher seine Zahlungsverpflichtung ausdrücklich bestätigen.

Sanktionen
Das neue Fernabsatzrecht ist zwingend. Soweit zum Nachteil des Verbrauchers abweichende Vereinbarungen getroffen werden, sind diese unwirksam.

Für Verstöße gegen die in der Richtlinie enthaltenen Vorschriften haben die Mitgliedstaaten wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen festzulegen. Zudem müssen angemessene und wirksame Mittel vorhanden sein, mit denen die Einhaltung der Richtlinie sichergestellt wird.

Das FAGG sieht diesbezüglich in seinem § 19 entsprechende Strafbestimmungen vor. Demnach sind Gesetzesverstöße als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zu EUR 1.450,00 sanktioniert. Die Überwachung der Einhaltung der neuen Vorschriften insbesondere durch Verbraucherschutzverbände ist zu erwarten, zumal in der Verbraucherrechte-Richtlinie ausdrücklich angesprochen ist, dass die Mitgliedstaaten eine derartige Kontrolle explizit ermöglichen müssen.

Zusätzliche Anforderungen
Neben den angesprochenen Gesetzen sind auch andere Vorgaben zu beachten. So statuiert beispielsweise das E-Commerce-Gesetz (ECG) zusätzliche spezifische Informationspflichten und Anforderungen, die nicht auf den Bereich B2C beschränkt sind.

Fazit
Unternehmer, die im Fernabsatz oder außerhalb ihrer Geschäftsräume gegenüber Verbrauchern tätig werden, müssen sowohl ihre Abläufe als auch ihre vertraglichen Bedingungen der neuen Rechtslage anpassen. Unabhängig davon gelten neue umfassende Informationspflichten für jeden Vertrag, den ein Unternehmer mit einem Verbraucher abschließt. – Die neuen Strafsanktionen sind hierfür jeweils wohl zusätzlicher notwendiger Anreiz.

Autor: Alexander Wöß (Linz)