Polen: Arbeitsrechtliche Neuerungen 2017

Mindeststundensatz auch für Auftragnehmer
Seit dem 01.01.2017 gilt das Gesetz vom 22.07.2016 zur Änderung des Mindestlohngesetzes und einiger sonstiger Gesetze. Mit der Novelle wurde der Mindeststundensatz für die Erbringung von Dienstleistungen aufgrund eines Auftrags- und Dienstleistungsvertrags eingeführt. Die Neuerung ist insoweit als revolutionär zu betrachten. Bisherige Vorschriften regelten nur den Mindestlohn bei Arbeitsverrichtung aufgrund von Arbeitsverträgen. 2017 beträgt der gesetzliche Mindeststundensatz PLN 13,00 brutto (ca. EUR 3,00). Für viele Unternehmer, die zivilrechtliche Verträge schließen, bedeutet dies, dass sie die Vergütung ihrer Auftragnehmer erhöhen müssen. Wichtig ist, dass die Auszahlung einer niedrigeren Vergütung gemäß dem neuen Gesetz als Ordnungswidrigkeit behandelt wird, für welche gegen den Auftraggeber ein Bußgeld zwischen PLN 1.000,00 bis max. PLN 30.000,00 ( ca. EUR 230,00 bis max. ca. EUR 6.870,00) verhängt werden kann.

Längere Berufungsfristen und Erleichterungen für Arbeitgeber
Anfang 2017 trat auch das Gesetz vom 16.12.2016 über die Änderung einiger Gesetze zur Verbesserung des rechtlichen Umfelds der Unternehmer in Kraft. Das Gesetz ändert eine Reihe von Regelungen, u.a. des Arbeitsgesetzbuches.

Eine wesentliche Neuerung betrifft die Frist für Erhebung der Kündigungsschutzklage durch den Arbeitnehmer sowie für die Geltendmachung des Wiedereinstellungsanspruches oder eines Schadensersatzanspruches bei fristloser Kündigung oder dem Erlöschen des Arbeitsvertrages. Bisher betrugen diese Fristen sieben Tage ab Zustellung des Kündigungsschreibens und 14 Tage ab Zustellung der fristlosen Kündigung oder ab Erlöschen des Arbeitsvertrages. Seit Januar 2017 gilt hierfür eine 21-Tage-Frist. Im Ergebnis dieser Fristverlängerung bleiben Arbeitgeber länger in Ungewissheit, ob gegen seine Entscheidung eventuell ein gerichtliches Verfahren wegen Auflösung des Arbeitsvertrages eingeleitet wird oder nicht.

Eine Änderung erfahren auch die Regelungen über die Arbeits- und Vergütungsordnungen. Zu deren Aufstellung waren bisher Arbeitgeber verpflichtet, die wenigstens 20 Arbeitnehmer beschäftigen. Gemäß der Novelle besteht seit dem 01.01.2017 die Pflicht zur Einführung einer Arbeits- und Vergütungsordnung im Betrieb, sofern der Arbeitgeber 50 Arbeitnehmer oder mehr beschäftigt, die weder unter einen betrieblichen noch einen überbetrieblichen Tarifvertrag fallen. Sonstige Arbeitgeber können diese Regelwerke im Grunde fakultativ einführen. Die einzige Ausnahme betrifft Arbeitgeber, die mindestens 20 und weniger als 50 Mitarbeiter, die von keinem Tarifvertrag erfasst sind, beschäftigen. Solche Arbeitgeber haben die Arbeits- und Vergütungsordnung aufzustellen, sofern deren betriebliche Gewerkschaft dies verlangt.

Einer Modifizierung unterliegen auch die Vorschriften hinsichtlich der Pflicht des Arbeitgebers zur Ausstellung eines Arbeitszeugnisses. Nach der novellierten Regelung ist der Arbeitgeber bei Auflösung oder Erlöschen des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, dem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis unverzüglich auszustellen, sofern er nicht beabsichtigt, innerhalb von sieben Tagen nach Beendigung des vorherigen Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer ein weiteres Arbeitsverhältnis zu begründen. Schließt der Arbeitgeber jedoch mit demselben Arbeitnehmer innerhalb von sieben Tagen einen neuen Arbeitsvertrag ab, muss er ein Arbeitszeugnis über das vorherige Arbeitsverhältnis nur dann erstellen, wenn der Arbeitnehmer es verlangt. Bei mehreren befristeten Arbeitsverträgen, die innerhalb der 7-Tage-Frist aufeinander folgen, erteilt der Arbeitgeber ein Endzeugnis bei Beendigung der Zusammenarbeit der Parteien, d.h. wenn mit dem Arbeitnehmer innerhalb der gesetzlichen Frist kein weiteres Arbeitsverhältnis begründet wird, es sei denn, der Arbeitnehmer hat die Zeugniserteilung inzwischen bei dem Arbeitgeber beantragt.

Autorin: Aleksandra Baranowska-Górecka