Polen: Gewerbliche Schutzrechte im Arbeitsverhältnis

Der „Faktor Mensch“
Innovationen zählen zu den Kernelementen des Wirtschaftswachstums. Erfolgversprechende neue Entwicklungen bedürfen aber nicht nur innovativer Technologien, sondern auch und vor allem des „Faktors Mensch“. Für jedes Unternehmen, sei dieses national oder international tätig, ist die Sicherung der Rechte am geistigen Eigentum seiner Mitarbeiter daher essentiell. Nur auf diese Art kann wertvolles Know-How erhalten werden.

Grenzüberschreitender gewerblicher Rechtsschutz
Der gewerbliche Rechtsschutz wird jeweils durch nationale Rechtssysteme geregelt. Standardisierte Lösungen können sich daher im grenzüberschreitenden Verkehr vielfach als unwirksam erweisen. Angesichts einer Vielzahl von nationalen wie internationalen Unternehmensgründungen ist das Thema des Schutzes von geistigem Eigentum in Polen von besonderer Bedeutung. Dabei ist zu beachten, dass erst der wirksame Erwerb von Rechten an Erfindungen die sichere Möglichkeit eröffnet, diese an Partner zu übertragen. Vor diesem Hintergrund widmet sich der gegenständliche Beitrag einigen Fragestellungen im Bereich der gewerblichen Schutzrechte aus der Perspektive des polnischen Arbeitsrechts.

Erwerb von Schutzrechten durch Arbeitgeber in Polen
Nach dem polnischen Gesetz über gewerbliches Eigentum (nachfolgend: „gewerbliches Rechtsschutzgesetz“) steht grundsätzlich dem Erfinder das Recht auf ein Patent an einer Erfindung, das Schutzrecht für ein Gebrauchsmuster oder das Recht aus der Anmeldung eines Geschmacksmusters zu. Als Erfinder sind ausschließlich natürliche Personen anzusehen; das polnische Recht kennt keine „Betriebserfindung“.

Hat jemand eine Erfindung, ein Gebrauchs- oder ein Geschmacksmuster während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses oder während der Ausführung eines anderen Vertrags gemacht, so steht das Schutzrecht dem Arbeitgeber bzw. dem Auftraggeber zu. Dies gilt dann nicht, wenn die Parteien etwas anderes vereinbart haben. Eine ähnliche Regelung enthält das Urheberrecht; demgemäß erwirbt – sofern die Parteien vertraglich nicht Anderes bestimmt haben – der Arbeitgeber die Verwertungsrechte an Werken.
Das Ergebnis der schöpferischen Leistung des Arbeitnehmers geht kraft Gesetzesauf den Arbeitgeber über, wenn die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit mit den ihm aufgrund des Arbeitsvertrages obliegenden Tätigkeiten in Zusammenhang steht. Entscheidende Bedeutung bei der Beurteilung dieser Umstände kommt dem Arbeitsvertrag und den Anweisungen zu, die dem Arbeitnehmer gegeben werden. Eine Erfindung oder ein Werk müssen jedoch selbst nicht die dienstrechtliche oder vertragliche Pflicht darstellen.

Fraglich ist, in welcher Form der Arbeitgeber erfinderische Pflichten festzulegen hat: Müssen dem Arbeitnehmer direkt auf eine „Schöpfung“ bezogene Pflichten auferlegt werden oder genügt es, wenn zwischen der Zuweisung einer bestimmten Tätigkeit und deren Ergebnis in Form einer Erfindung ein kausaler Zusammenhang besteht? – Die herrschende Meinung setzt für schutzfähige Arbeitnehmererfindungen voraus, dass die dem Arbeitnehmer zugewiesenen Aufgaben schöpferischen Charakter haben. Werden z.B. im Rahmen einer Forschungstätigkeit Kenntnisse und Erfahrungen verwendet, die der Arbeitnehmer während der Ausübung der Arbeitnehmerpflichten erworben bzw. gesammelt hat, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass das Forschungsprojekt als Folge der ausgeführten Aufgaben des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis anzusehen ist. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Pflichten, die aus dem Arbeitsverhältnis resultieren, jeweils genau zu bestimmen. Erfindungen des Arbeitnehmers, die außerhalb der Arbeitnehmerpflichten gemacht werden, sind nämlich Gegenstand der Arbeitnehmerrechte und damit nicht als Rechte des Arbeitgebers anzusehen; dies auch dann, wenn sie aus der Tätigkeit während der Arbeitszeit und am Arbeitsort entstehen!

Derartige Konstellationen können von den Vertragsparteien grundsätzlich individuell geregelt werden. Allerdings steht dabei der Schutz des Erfinders im Vordergrund: So sind Vertragsbestimmungen, die den Übergang von Patentrechten an sämtlichen Erfindungen des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber vorsehen, nach polnischem Recht unwirksam. Derartige Klauseln sind als nichtig anzusehen, sofern sie Erfindungen betreffen, die der Arbeitnehmer nicht im Rahmen seiner im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Aufgaben gemacht hat. Unwirksam ist auch ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (bzw. zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer), aufgrund dessen das Schutzrecht von einem Dritten erworben werden kann. Diskutiert wird auch, ob der Arbeitgeber auf den Erwerb der Rechte an Erfindungen durch bloße einseitige Willenserklärung verzichten kann. Dies könnte sich nämlich auf die dem Erfinder gesetzlich zustehende Vergütung ungünstig auswirken.

Vergütung des Arbeitnehmers
Wird das Recht auf ein Patent oder aus der Anmeldung eines Geschmacksmusters durch einen anderen Rechtsträger als den Erfinder erworben (z.B. vom Arbeitgeber oder einem Vertragspartner des Erfinders), entsteht beim Erfinder ein Anspruch auf Vergütung.

Sofern die Parteien vertraglich kein bestimmtes Entgelt vereinbart haben, muss die Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zum Gewinn des Unternehmers stehen, den er mit der Erfindung, dem Gebrauchs- oder dem Geschmacksmuster erzielt. In großen Unternehmen kann diese Summe naturgemäß durchaus hoch sein. Bei der Festlegung der Vergütung sind auch die Umstände, in denen die Erfindung, das Gebrauchs- oder das Geschmacksmuster gemacht wurden, mit zu berücksichtigen. Dazu zählen z.B. insbesondere der Umfang der dem Erfinder geleisteten Unterstützung und die Arbeitnehmerpflichten des Erfinders.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die gesamte Vergütung spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf eines Jahres zu bezahlen, wobei jener Zeitpunkt maßgeblich ist, zu dem er mit der Erfindung, dem Gebrauchs- oder dem Geschmacksmuster erste Gewinne erzielt hat. Für die Vergütung können allerdings auch Teilzahlungen vereinbart werden. Dabei gilt: Die Teilzahlungen haben innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf jeden Jahres ab der ersten Gewinnerzielung zu erfolgen; ein Zeitraum von 5 Jahren darf aber keinesfalls überschritten werden.

Die Vergütung des Erfinders ist zu erhöhen, wenn die vom Unternehmer erwirtschafteten Gewinne höher ausfallen, als dies bei der Vergütungsermittlung angenommen wurde.
Grundsätzlich kann der Anspruch des Erfinders auf Vergütung für die Nutzung der von ihm gemachten Erfindung bzw. seines Gebrauchs- oder Geschmacksmusters vertraglich ausgeschlossen werden. Eine derartige Vertragsklausel ist allerdings präzise zu formulieren.
Auch Betriebsvereinbarungen über Arbeitnehmererfindungen finden allgemein Anwendung; darin werden regelmäßig Grundsätze für bestimmte Arbeitnehmergruppen bestimmt.

Unterstützungsvertrag („umowa o udzielenie pomocy“)
Mit einem sog. „Unterstützungsvertrag“ kann ein Unternehmen, das die Entstehung einer Erfindung oder eines Geschmacksmusters unterstützt, für den Fall, dass die Erfindungsergebnisse angesichts des Umfangs der dem Arbeitnehmer obliegenden Aufgaben nicht kraft Gesetzes auf den Arbeitgeber übergehen, das Nutzungsrecht an der Erfindung erwerben.

Ein derartiger Vertrag muss nicht schriftlich abgeschlossen werden. Wichtig ist jedoch, dass sich die Vertragsparteien darüber im Klaren sind, worauf sich die Unterstützung genau beziehen soll. Sofern die Parteien nicht Abweichendes vereinbaren, erhält der Arbeitgeber keine ausschließlichen Rechte, sondern nur das Recht auf die Nutzung von Immaterialgütern, die entsprechend der geleisteten Unterstützung entstanden sind. Mit anderen Worten: Ausschließlichkeitsrechte müssen gesondert vereinbart werden.

Der Unternehmer kann sich dann nicht auf die geleistete Unterstützung berufen, wenn der Erfinder nur die vom Unternehmer zur Verfügung gestellten Kapazitäten in Anspruch genommen hat. Das Wesen eines Unterstützungsvertrages liegt nämlich in einer ausdrücklichen Erklärung des Unternehmers über seine Unterstützungsleistung. Aus diesem Grund wird angenommen, dass eine bloß stillschweigende Zustimmung, die Hinnahme bestimmter Maßnahmen oder ein fehlendes Bewusstsein über deren Vornahme keine hinreichenden Voraussetzungen dafür sind, dass beim Arbeitgeber Nutzungsrechte entstehen.

Mit den eingeräumten Nutzungsrechten kann der Unternehmer Erfindungsergebnisse herstellen, verwenden, anbieten und vermarkten. Wenn Gegenstand der Erfindung eine Methode oder ein Verfahren sind, so beziehen sich die Nutzungsrechte auch auf die Verwendung dieser Methode sowie auf das Anbieten und Inverkehrbringen von Produkten, die beim Einsatz der Methode unmittelbar erzeugt werden.

Als Berechtigter aus dem Patent kann der Erfinder seine Erfindung im vollen Umfang in Anspruch nehmen. Außerdem ist er berechtigt, Dritten Lizenzen für die Nutzung der Erfindung zu gewähren. Zu beachten ist dabei jedoch, dass der Erfinder möglicherweise seine Arbeitnehmerpflichten verletzt, wenn er diese Rechte ausübt, obwohl im Arbeitsvertrag ein Wettbewerbsverbot enthalten ist. Mit der vertraglichen Regelung, dass das Patentrecht dem Unternehmer zusteht, können Konfliktsituationen allerdings sinnvoll vermieden werden.

Technische Verbesserungsvorschläge („działalność racjonalizatorska“)
Bestandteile innovativer Entwicklungen sind neben Erfindungen auch (bloße) Verbesserungskonzepte („projekt racjonalizatorski“). Sie spielen im unternehmerischen Wettbewerb eine wesentliche Rolle. Als Verbesserungsmaßnahmen sind Neuerungen und Optimierungen von Produktionsverfahren zu verstehen.

Verbesserungskonzepte sind nach polnischem Recht weder patent- noch gebrauchsmusterfähig. Grundsätze für das betriebliche Vorschlagswesen können Unternehmer aber in Betriebsvereinbarungen formulieren. Darin sollte zumindest geregelt werden, welche Lösungen als Verbesserungskonzepte anzusehen sind, wie diese angemeldet und in welcher Höhe sie vergütet werden. Immerhin hat jeder Arbeitnehmer, dessen Verbesserungsvorschlag im Unternehmen realisiert wird, einen Anspruch auf die in einer Betriebsvereinbarung bestimmte Vergütung. Betriebsvereinbarungen über Verbesserungsvorschläge („regulamin racjonalizacji“) sind daher in vielen Fällen empfehlenswert. Fehlende ausdrückliche Regelungen über die Vergütung der vom Arbeitgeber in Anspruch genommenen Verbesserungsvorschläge können dem Unternehmen unter Umständen teuer zu stehen kommen.

Autorin: Marta Daćków