Polen: Registergericht löst säumige Unternehmen von Amts wegen auf

Hintergrund
Am 01.01.2015 trat das novellierte Gesetz über das Landesgerichtsregister (poln. KRS) vom 20.08.1997 in Kraft. Aufgrund der neu eingeführten Regelungen kann das Registergericht ein Unternehmen auflösen, ohne dass vorher ein Liquidationsverfahren durchgeführt werden muss.

Das Gericht wird jetzt berechtigt sein, das Auflösungsverfahren von Amts wegen einzuleiten und das Unternehmen im Endergebnis im Register zu löschen. Das Vermögen der gelöschten Unternehmen wird unentgeltlich von Rechts wegen durch die Staatskasse übernommen. Für Verbindlichkeiten dieser Rechtsträger gegenüber ihren Gläubigern wird der Fiskus beschränkt haften.

Anwendungsbereich
Das Gesetz sieht fünf Fälle vor, auf welche die neuen Vorschriften Anwendung finden. Darunter fällt unter anderen die Nichterfüllung der Registerpflichten durch eingetragene Rechtssubjekte. Es handelt sich insbesondere um Unternehmen,

  • die ungeachtet der gerichtlichen Aufforderung die Jahresabschlüsse für zwei aufeinander folgende Geschäftsjahre nicht eingereicht haben,
  • die trotz zweifacher Aufforderung durch das Registergericht sonstige Registerpflichten nicht erfüllt haben (z.B. die Angaben zu Geschäftsführern oder zum aktuellen Firmensitz nicht aktualisiert haben).

Zu beachten ist, dass die neuen Regelungen auch dann anwendbar sind, wenn die Aufforderung zur Pflichterfüllung noch vor Inkrafttreten der novellierten Vorschriften, d.h. vor dem 01.01.2015 erfolgte.

Unternehmen, die ihren Pflichten nach Maßgabe der bisherigen Regelungen nicht nachgekommen sind, können dies noch bis zum 01.07.2015 nachholen. Diejenigen, die ihre Registerpflichten bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllen, müssen damit rechnen, dass das zuständige Registergericht nach Ablauf der Übergangsfrist ein Auflösungsverfahren von Amts wegen einleiten kann.

Erst Prüfen
Bevor ein Unternehmen aufgelöst und im Register gelöscht wird, muss das Registergericht prüfen, ob das Unternehmen über ein veräußerbares Vermögen verfügt und seine Geschäftstätigkeit tatsächlich betreibt. Im Zuge seiner Handlungen teilt das Gericht dem jeweils Betroffenen die Einleitung des Auflösungsverfahrens mit und fordert ihn zugleich auf, anzuzeigen, ob das Unternehmen eine Geschäftstätigkeit betreibt und ob ein Vermögen vorhanden ist. Das aufgeforderte Unternehmen muss binnen 14 Tagen ab Zustellung der Aufforderung dazu Stellung nehmen. Im Rahmen seiner Tätigkeiten wird das Gericht auch das eingeleitete Verfahren öffentlich bekannt geben. Entsprechende Bekanntmachungen erfolgen im gesamtpolnischen Amtsblatt „Monitor Sądowy i Gospodarczy“ wie auch in anderen Publikationen nach freiem Ermessen des Gerichts.

Dank der Bekanntmachung kann jede Person Umstände darlegen, die gegen die Auflösung des Unternehmens sprechen würden, unter der Bedingung, dass dies innerhalb von 3 Monaten ab Bekanntgabe erfolgt.

Zur Ermittlung des Vermögens und der Geschäftstätigkeit des betroffenen Unternehmens kann das Gericht Auskünfte bei öffentlichen Verwaltungsbehörden (z.B. Steuerämter) und sonstigen staatlichen Organisationseinheiten wie auch bei Sozialeinrichtungen einholen.

Sollte das Gericht anhand der eingeholten Informationen feststellen, dass der Rechtsträger weder Vermögen hat, noch eine tatsächliche Geschäftstätigkeit betreibt, wird es dessen Auflösung ohne Durchführung einer Liquidation aussprechen und die Löschung im zuständigen Register veranlassen. Etwaige Verbindlichkeiten oder nicht einziehbare Forderungen schließen die mögliche Auflösung des Unternehmens ohne vorhergehende Liquidation nicht aus.

Vermögen geht an den Fiskus über
Den Neuregelungen zufolge geht das Vermögen des aufgelösten Unternehmens, über das der Betroffene vor der Löschung verfügte, auf die Staatskasse entschädigungs- bzw. ausgleichslos über. Der Erwerb von Rechts wegen erfolgt mit dem Zeitpunkt der Löschung des Rechtsträgers im Register.

Die Haftung für jegliche Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern des Betroffenen übernimmt der Fiskus, wobei diese Haftung jedoch beschränkt ist. Erstens bezieht sich die Haftung der Staatskasse ausschließlich auf das erworbene Vermögen. Zweitens müssen die Gläubiger ihre Ansprüche innerhalb von einem Jahr ab Erwerb des Vermögens durch den Fiskus anzeigen. Liegt dem Gläubiger ein Vollstreckungstitel gegen den gelöschten Betroffenen noch vor Erwerb des Vermögens des Letzteren durch den Fiskus vor, soll der Gläubiger die Einleitung des Vollstreckungsverfahrens binnen eines Jahres nach dem durch den Fiskus erfolgten Vermögenserwerb beantragen. Sollte er dies nicht getan haben, gilt die Forderung aus dem Vollstreckungstitel als erloschen.

Die neuen Vorschriften lassen die Ansprüche gegen die Staatskasse auch durch sämtliche Personen geltend machen, die am Vermögen des aufgelösten Unternehmens beteiligt sind. Dies gilt insbesondere für Gesellschafter des Betroffenen. Neben der oben aufgeführten Beschränkungen müssen die Personen jedoch zwei Drittel der Stimmen vertreten und zusätzlich noch nachweisen, dass sämtliche Gläubiger des Unternehmens, dessen Vermögen die Staatskasse erworben hat, befriedigt wurden.

In der Praxis sind die neuen Regelungen insoweit von Bedeutung, als alle im polnischen Landesgerichtsregister eingetragenen Rechtssubjekte überprüfen sollen, ob sie ihren bisherigen Registerpflichten nachgekommen sind. Bei fehlender Prüfung gehen sie das Risiko ein, dass das zuständige Registergericht ein Verfahren einleitet, infolge dessen der Unternehmer von Amts wegen aufgelöst und im Register gelöscht werden kann. Zur Vermeidung des Risikos sollen ggf. unerledigte Registerpflichten bis zum 01.07.2015 erfüllt werden.

Autoren: Tomasz Szarek (Breslau) & Jarosław Fidala (Breslau)